Der Karnische Höhenweg – Wandern mit Kindern

Nachdem es letztes Jahr so gut geklappt hatte mit dem Wandern auf dem South West Coast Path, war für mich klar, dass wir auch dieses Jahr etwas Derartiges machen wollen – nämlich den Karnischen Höhenweg.

Und dieses Mal wollten alle vier Kinder mit!  Meine Älteste ist knapp 14, mein Sohn knapp 12 und die beiden Jüngsten gerade 10 und 8 Jahre alt geworden (sie haben alle im Spätsommer Geburtstag). Das war natürlich eine Herausforderung und erforderte mehr Planung und eine andere Herangehensweise. So plante ich dieses Jahr eine Anfahrt mit dem Zug statt einen Flug und die Wanderung sollte auch nicht mehr als eine Woche dauern. Mehr wollte ich meiner Achtjährigen nicht zumuten. Von der Kondition her hätte sie natürlich ewig wandern können, aber wenn du selbst Kinder hast, weißt du, dass man sie fürs Wandern nur begrenzt begeistern kann.

Karnischer Höhenweg Wandern mit Kindern Schreibscheune
Die rote Linie sind wir gewandert. Die blaue Linie wäre unsere Route gewesen, wenn wir nicht vorzeitig hätten abbrechen müssen (Karte von Google maps, bearbeitet)

Eine schöne Umgebung musste her und meine Wahl fiel recht schnell auf den Karnischen Höhenweg entlang der östereichisch-italienischen Grenze.

Er verläuft an der ehemaligen Frontlinie im ersten Weltkrieg entlang der Kammhöhe des Karnischen Hauptkamms. Wandert man den Höhenweg komplett, wäre man 155 km bzw. ca. zwei Wochen unterwegs. Inoffiziell ist der Karnische Höhenweg in zwei Etappen eingeteilt: Die erste Etappe/Woche von der Sillianer Hütte bis zum Gasthof Valentinalm – den wir gewandert sind bzw. wandern wollten – führt durch das Hochgebirge. Die zweite Etappe/Woche vom Gasthof Valentinalm bis nach Thörl-Maglern ist als Almen- und Käseregion bekannt.

Da man zu jeder Etappe ins Tal absteigen kann, falls irgendwas wäre, erschien mir dieser Weg ideal. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich die Steigungen in Grenzen halten (dachte ich jedenfalls :-)), da sich der Pfad meist oben auf dem Kamm entlangzieht und ein großartiges Panorama bietet.

Für uns plante ich insgesamt sechs Übernachtungen auf den Hütten. Dieses Mal wollte ich kein Risiko eingehen, deshalb buchte ich die Hüttenübernachtungen bereits im Mai/Juni. So früh muss man bei weitem nicht reservieren, aber ich wusste es nicht und wollte nicht riskieren, mit vier müden Kindern vor einer ausgebuchten, vollgestopften Hütte zu stehen und womöglich weiterlaufen zu müssen.

Falls du auch buchen möchtest: Die meisten Hütten verlangen eine Vorauszahlung und behalten diese ein, falls du zu kurzfristig stornierst. Das hat mir einiges Bauchweh verursacht. Weiß man, wie das Wetter wird, vor allem in den Bergen? Letztlich kam es genauso, dass uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, aber dazu später. Genaueres über Buchung und Stornierung erfährst du auf den jeweiligen Webseiten der Hütten.

Die Anreise

Am Bahnhof
Morgens um halb sieben Uhr am Bahnhof. So viel wogen unsere Rucksäcke zu Beginn. Die beiden Jüngsten trugen kein Essen, wir anderen schon. Daher verringerte sich das Gewicht in den ersten Tagen drastisch.

Dienstag, 21.08.2018. Geplant war, mit dem Zug nach Sillian zu fahren und von dort aus zur Leckfeldalm aufzusteigen. Dort wollten wir die erste Nacht verbringen, da die Sillianerhütte, der offizielle Startpunkt des Karnischen Höhenweges, ausgerechnet 2018 geschlossen war wegen Umbau.

Nun ja. Da die Deutsche Bahn zuverlässig unzuverlässig ist, war schon die Anreise eine Zitterpartie. Bei 4x Umsteigen hätte ich mir eigentlich denken können, dass da was schiefgeht.

Mädchen im Zug
Die zwei Jüngsten vertreiben sich die Zeit im Zug mit Hörspiel-Hören. Der Kopfhörer wird geteilt.

Jedenfalls erwischten wir in Salzburg unseren Anschlusszug nicht, durften uns fast eine Stunde lang mit den netten Bediensteten der Deutschen Bahn beschäftigen, bis unsere Zugbindung aufgehoben war und wir erfuhren, dass der nächste Zug erst in zwei Stunden geht.

Das war ein großer Mist, denn dadurch würden wir in die Dunkelheit hineinwandern, Von Sillian zur Leckfeldalm waren ca. 2 Stunden zu rechnen und unsere Ankunft wäre um ca. 21 Uhr gewesen. Also musste ich wild herumtelefonieren und arrangieren, dass uns ein Taxi hochfährt. Dabei hätte uns die Bewegung nach 12 Stunden Zugfahrt soooo gut getan, ganz davon abgesehen, dass ich eine unerwartete Ausgabe von 40 Euro zu leisten hatte. Danke, Deutsche Bahn.

Von Sillian zur Leckfeldalm

Leckfeldalm am nächsten Morgen. Wir kommen zum Frühstücken.

Aber man muss auch das Positive sehen. Die Nichte des Hüttenwirts holte uns ab und erzählte allerhand Wissenswertes über die Leckfeldalm und über die Sillianer Hütte, die dieses Jahr (2018) umgebaut wird, weil zwei Skigebiete miteinander verbunden werden sollen. Ganz glücklich schien sie darüber nicht zu sein, obwohl beide Hütten im Besitz ihrer Familie sind und durch den Umbau mehr Umsatz zu erwarten ist. Noch mehr Skipisten und die dadurch anzulegenden Wasserreservoirs für künstliche Beschneiung verursachen erhebliche Umweltschäden.

Betten in der Leckfeldalm
Zwei Betten für drei Personen? Kein Problem, wir schoben die beiden Betten einfach zusammen und die Jüngste durfte dann im „Gräbele“ schlafen.

Vier Kinder erregen Aufmerksamkeit und der Hüttenwirt bot uns an, um Kosten zu sparen, in einer kleinen seperaten Hütte zu übernachten. Dafür war ich sehr dankbar und die Unannehmlichkeit, nur vier Betten für fünf Personen zu haben, war für uns kein Problem.

Auf den Betten liegen unsere Hüttenschlafsäcke, die obligatorisch für Hüttenübernachtungen sind.

Da es schon fast dunkel war, als wir zu unserer Hütte gebracht wurden, konnten wir erst am nächsten Morgen sehen, wie sie eigentlich von außen aussah. Von außen wirkt sie eher winzig, von innen aber wirklich komfortabel.

Kleine Hütte bei der Leckfeldalm
Ein winziges Hexenhäuschen ganz für uns allein.

 

Von der Leckfeldalm zur Obstanserseehütte

Autos vor der Leckfeldalm
Autos anderer Wanderer vor der Leckfeldalm. Wir haben keines und können unbeschwert loswandern. Der winzige Pfeil oben zeigt unser erstes Ziel, die Sillianer Hütte.

Mittwoch, 22.08.2018. Viele Wanderer lassen ihr Auto an der Leckfeldalm stehen und müssen es nachher wieder abholen. Der Weg von Sillian zur Leckfeldalm ist durch eine Schranke versperrt und kostet 4 Euro Gebühr. Dieses Problem hatten wir nicht. Wir ließen die Leckfeldalm hinter uns und stiegen einen steilen Weg hinauf. Bald erreichten wir die Baumgrenze und mussten uns erst einmal vor der Sonne schützen.

Weiter ging es hoch zur Sillianer Hütte, die tatsächlich schwer im Umbau war. Zwar gab es Bewirtung, aber der Baustellenlärm lud überhaupt nicht zum Verweilen ein.

Stehpause vor der Leckfeldalm
Kleine Rast. Unten befindet sich die Leckfeldalm.

Aber der anstrengende Anstieg lohnte sich. Kurz vor der Sillianer Hütte, auf dem Leckfeldsattel, bot sich uns ein überwältigender Blick auf die Sextner Dolomiten.

Blick auf Sextner Dolomiten
Ein überwältigender Blick auf die Sextner Dolomiten

Wir konnten uns gar nicht sattsehen. Schade, dass ein Foto nicht diesen unglaublichen Rundumblick bietet. Du musst eben selbst hier hochsteigen, um das zu erleben.

Beim Weitergehen wurde uns klar, warum der Weg auch „Friedensweg“ oder „Via della Pace“ heißt. Wir kamen an einer alten Kriegsstellung aus dem ersten Weltkrieg vorbei. Die Front verlief genau über dem Kamm und war jahrelang hart umkämpft. Eine Frau erzählte uns, dass die Soldaten des Ersten Weltkrieges sogar Weihnachten hier oben feierten. Unglaublich.

Kriegsruine auf dem Karnischen Höhenweg
Kriegsruine auf dem Karnischen Höhenweg

Nun wurde der Weg zunehmend felsiger und schwieriger. Irgendwie hatte ich übersehen, dass es auf diesem Abschnitt wohl zwei Routen gibt, eine leichtere und eine schwerere.

Schwierige Stelle Karnischer Höhenweg
Der Weg wird zunehmend steiniger und schwieriger.

Unbeabsichtigt gerieten wir auf die schwerere, was sich an ausgesetzten Pfaden, Kletterpartien mit Händen und Füßen und viel Geröll und Felsen zeigte. Allerdings ist natürlich die Tour über den Kamm die deutlich schönere, sodass ich zwar erstaunt über die schwierigen Kletterstellen, aber hinterher auch sehr zufrieden war.

Schwierige Stelle Karnischer Höhenweg
An Abgründen vorbei.

Die Kinder sind zuverlässig trittsicher und schwindelfrei und ich hatte an keiner Stelle Angst, dass sie abstürzen könnten oder dergleichen. Mit Aufmerksamkeit und einer gesunden Vorsicht lassen sich schwierige Stellen gut bewältigen.

 

Eine wackelige Brücke über den Abgrund. Die einzige Stelle, wo die Kinder Angst hatten.
Ist doch eigentlich breit genug, oder?

Allerdings, wenn du sehr ängstlich bist oder deine Kinder vielleicht eher zappelig und nervös, dann solltest du besser doch die leichtere Wegvariante wählen. Sicher ist sicher.

Dies war allerdings die einzige Stelle, an der die Kinder Angst hatten (ich aber nicht :-)) . Es war eine Brücke aus Stahlträgern mit einem Drahtgeflecht dazwischen. Darauf waren flache Steine gelegt und dadurch  „wabbelte“ der Boden etwas. Zwischen Felsen und Brücke war ein Loch zum bodenlosen Abgrund und auf der anderen Seite sowieso. Ich selbst fand die Brücke breit genug, allerdings wäre ein Stahlseil zum Festhalten sicher kein Fehler gewesen.

 

Diese Stelle sieht auf dem Foto unten ungemütlich aus, finde ich, aber das Gehen über den Grat war keinesfalls furchteinflößend. Links und rechts ging es zwar steil runter, dennoch war der Weg gut zu bewältigen.

Karnischer Höhenweg auf dem Grat
Jetzt wissen wir, was eine „Gratwanderung“ ist

Diese erste Etappe war laut Führer 19,8 km lang, gerechnet von der Leckfeldalm bis zur Obstansersee-Hütte. Ehrlich gesagt hatte ich schon Bammel, ob die Kinder das bewältigen würden. Tatsächlich aber hatten wir keine Wahl, da die Sillianer Hütte geschlossen war und wir daher die weite Strecke bis zur nächsten Übernachtungsmöglichkeit gehen mussten.

Mit dem Enthusiasmus der Anfangsphase und vielen Pausen haben wir es aber ganz gut hingekriegt. Auch, wenn am Abend die Füße wehgetan haben.

Müder Junge Karnischer Höhenweg
Völlig erschöpft.

 

 

 

 

 

 

Umso größer war der Jubel, als endlich die Obstansersee-Hütte zu sehen war.

Jubel Obstansersee-Hütte
Links neben dem See ist ganz klein die Obstansersee-Hütte zu erkennen. Es wird aber noch ganz schön lang dauern, bis wir sie auch wirklich erreichen.

Wenn du einmal bei Sonnenschein die Berge hoch- und runtergekraxelt bist, dann weißt du, dass man danach völlig verschwitzt ist. Eine warme Dusche in einer Hütte auf 2300 m Höhe ist keine Selbstverständlichkeit. So kostete der Chip für zwei Minuten Duschen auf den verschiedenen Hütten zwischen 3 und 4 Euro. Nicht nur wir kamen auf die Idee, das tolle Wetter zu nutzen …

Das Wasser ist kalt.
Die Kleinen machen den Anfang.

Unsere beiden Jüngsten kamen als erstes auf die Idee, im See zu baden. Mangels Badehose ließen sie einfach ihre Unterhosen an. Wir Großen zögerten noch. Als aber dann die ersten anderen Leute splitternackt in den See sprangen, gab es auch für uns kein Halten mehr. Raus aus den verschwitzten Klamotten und rein ins kalte Naß. Das tat so gut, da konnte keine warme Dusche der Welt mithalten! Fotos von uns Großen kriegst du allerdings keine, denn wir waren schließlich beschäftigt mit Schwimmen.

Der Schuhraum der Obstansersee-Hütte. Leider oder zum Glück kann ich dir den leicht müffligen Geruch nicht mitfotografieren 🙂

Hier siehst du den Schuhraum der Obstanserseehütte, denn das Betreten der Schlafräume mit Schuhen ist verboten. Manche Leute brachten ihre Flip-Flop mit oder andere leichte Schuhe, um in der Hütte umherzulaufen. Ich hatte mir das auch überlegt, wollte unsere Rucksäcke aber nicht mit zusätzlichem Gewicht belasten. Aber es gab auch Hausschuhe zum Ausleihen, das habe ich gemacht, ich bin da nicht so heikel. Die Kinder liefen sockig herum, das war auch okay.

Schlafraum Obstanserseehütte
Das Matratzenlager der Obstansersee-Hütte.

Und das war das „Matratzenlager“. Die Kinder haben sich natürlich gleich die drei Stockbetten gesichert. Meine Älteste und ich haben uns hinten in die Ecke gelegt und ansonsten hatten wir Glück. Es waren nur noch zwei Frauen und ein einzelner Mann (der entgegen meiner Befürchtung nicht geschnarcht hat) in unserem Schlafraum, sodass es sich gut verteilt hat auf der Fläche. Bei voller Belegung könnte es etwas innig werden, denn die Breite der Schlafplätze war knapp bemessen.

 

Von der Obstansersee-Hütte zur Porzehütte

Blick auf Obstansersee-Hütte

Am nächsten Morgen ein Blick zurück auf die Obstansersee-Hütte, die noch im Schatten liegt.

Donnerstag, 23,08.2018. Heute führt uns unser Weg über die Filmoor-Standschützenhütte 12,2 km zur Porzehütte. Hört sich nach weniger an als gestern mit den knapp 20 km, aber die Steigungen sind nicht zu unterschätzen. Zudem waren wir noch erschöpft vom letzten Tag … aber dazu später.

Zunächst stand eine Gipfelbesteigung an, nämlich auf den Pfannspitz mit 2678 m.

Weg zum Gipfel Karnischer Höhenweg
Der Morgen ist etwas diesig. Links oben ist der Pfannspitz-Gipfel mit Gipfelkreuz.

 

 

Pfannspitz-Grat Karnischer Höhenweg
Links, nicht mehr auf dem Bild zu sehen, ist weit oben der Pfannspitz-Gipfel. Aber auf diesem Grat führte uns der Weg danach weiter.

Wieder über viel Geröll ging es auf dem Grat hoch zum Gipfelkreuz. Dort war am frühen Morgen schon allerhand los. Ein nettes Ehepaar fotografierte uns und forderte uns auf, uns auf jeden Fall mit dem Alter der Kinder ins Gipfelbuch einzutragen. Sie fanden es ganz unglaublich, dass so junge Kinder auf einen Gipfel wandern. Hm. Falls du je auf die Pfannspitze kommst, findest du unseren Eintrag unter dem 23. August 2018.

Auf jeden Fall hatten wir bei herrlichem Wetter einen tollen Rundumblick über die Dolomiten.

Pfannspitz-Gipfel Karnischer Höhenweg
Beweis: Wir waren wirklich oben (Pfannspitze, 2678 m).

Den Gipfel wieder herunterzukommen, war schwieriger als hoch. Mit Händen und Füßen jedoch ging es. Hier erwies es sich als großer Vorteil, dass unsere Rucksäcke so leicht waren (zum Beispiel im Vergleich zum Vorjahr auf dem South West Coast Path). So drückten sie uns nicht herunter oder hin und her.

Kletterpartie Pfannspitzgipfel runter
Mit Händen und Füßen klettern wir die Pfannspitze herunter zum Grat.
Grat am Pfannspitz
Die Kammhöhe unterhalb der Pfannspitze.

Dagegen war der Weg auf dem Grat schon fast ein Spaziergang und das Panorama ähnlich atemberaubend wie auf dem Gipfel.

Aber wer geglaubt hat, der Abstieg vom Pfannspitzengipfel sei schon das Schwierigste gewesen, wurde eines Besseren belehrt. Auf dem nachfolgenden Grat konnte man schön laufen, auch wenn links und rechts der Abgrund gähnte. Doch dann wurde der Weg schwieriger und es gab einige Felsenklettereien zu bewältigen, die ich nicht fotografieren konnte. Das war mir in dem Moment echt zu gefährlich. Hier wieder der Hinweis, dass es auch eine leichtere Streckenvariante gibt für Leute, die nicht absolut trittsicher und schwindelfrei sind. Da diese allerdings länger ist, wollten wir sie nicht gehen 🙂 und natürlich ist auch das Panorama hier oben auf dem Grat viel toller. Würdest du mich jetzt im Nachhinein fragen, ob ich diese Strecke wieder wählen würde, würde ich auf jeden Fall ja sagen, auch wenn mir eine Stelle ein wenig kitzelig in Erinnerung ist. Denn meine Kinder sind bergerfahren und nicht ängstlich, was Kletterpartien anbelangt, sodass ich ihnen vollkommen vertrauen kann.

Blick aufs Geröllfeld Karnischer Höhenweg
Wo geht es weiter? Ja genau, rechts über das Geröllfeld.
Fuß in Österreich und Italien
Ein Fuß in Österreich, der andere in Italien.

Der Karnische Höhenweg verläuft ziemlich genau an der Grenze zwischen Italien und Österreich und folgt der alten Frontlinie des Ersten Weltkrieges. Deshalb kommt es öfter vor, dass man ab und zu die „Seite wechselt“. Früher, als die Grenzen noch relativ geschlossen waren, verlief der Karnische Höhenweg ausschließlich auf österreichischer Seite und führte kompliziert und gefährlich über schwieriges Gelände hoch und runter. Heute verfallen diese alten Wege zum Teil und sind nicht mehr begehbar.

Die Überquerung des Geröllfeldes erwies sich als nicht so schwierig, wie es von weitem aussah. Es gab einen gut ausgetrampelten Pfad hinüber. Und da die Moral der Kinder am heutigen Tag ein wenig im Keller war, beschlossen wir, nach dem Geröllfeld eine Pause einzulegen.

Pause auf dem Karnischen Höhenweg
Der Weg ist anstrengend und noch nicht zu Ende. Eine Pause ist angesagt.

Tatsächlich war der gestrige Tag anstrengend gewesen und der heutige nicht minder. Entsprechend waren die Kinder heute müde und schlecht drauf, besonders die Jüngste und mein Sohn. Uns andere kostete es ganz schön Überzeugungsarbeit, die beiden wieder zum Weiterlaufen zu motivieren. Aber ein gutes Essen, etwas Leckereien und Schokolade und die Welt sah schon wieder ganz anders aus.

Ein weiteres Geröllfeld erwartete uns. Und der Weg zog sich, es war noch nicht mal unser Zwischenziel, die Filmoor-Standschützenhütte zu sehen. Dementsprechend lang sind die Gesichter.

Überquerung Geröllfeld Karnischer Höhenweg
Ein weiteres Geröllfeld

Eine weitere lange Pause war vonnöten. Es war für mich keine Überraschung, dass am zweiten richtigen Wandertag dieses Tief kam. Wir waren alle erschöpft und so legten wir uns an unserem Zwischenziel bei der Standschützenhütte in die Sonne und vertilgten weiter unsere Vorräte. Das hilft!

Abstieg im Regen zum Oberen Stuckensee
Abstieg im Regen zum Oberen Stuckensee. Kein Problem, wir sind ausgerüstet mit Regenjacken und -hosen. Keine Minute später kam uns ein Mann entgegen.

Nach dieser zweiten Pause war die Stimmung plötzlich so gut, dass uns auch ein aufkommendes Gewitter nicht mehr die Laune verderben konnte. Wir unterhielten uns angeregt und nirgendwo sonst kann man so gute Pläne machen wie beim Wandern, was man alles tun möchte nach den Ferien. Wunderbar.

Plötzlich, ziemlich weit oberhalb des Oberen Stuckensees, kam uns ein Mann entgegen. Wir wunderten uns, denn er und sein Freund hatten uns schon vor der Standschützenhütte überholt. Auf meine verwunderte Frage hin erklärte er, dass er zurückgekommen wäre, um zu sehen, ob mit uns alles in Ordnung wäre. Sollte er uns Gepäck abnehmen? Hätten wir Hunger? Ausreichend Proviant, Riegel, Nüsse? Brauchten wir Regenschutz? Er sollte uns auch noch von einem anderen Ehepaar, das uns ebenfalls überholt hatte, ausrichten, dass sie wegen des Regens ins Tal abgestiegen seien und er uns unbedingt sagen sollte, dass diese Möglichkeit bestünde.

Ich war fassungslos. Da läuft dieser nette junge Mann glatt den halben Berg wieder hoch, nur um sich zu vergewissern, dass es uns gutging. Okay, es regnete und gewitterte irgendwo hinter dem Berg, aber dennoch. Die Kinder haben Bauklötze gestaunt.

Natürlich hatten wir kein Interesse, ins Tal abzusteigen. Wegen dem bisschen Regen? Der junge Mann hieß Georg und beschloss kurzerhand, dass wir nun gemeinsam zur Porzehütte laufen würden. Gut, da hatten wir nichts dagegen. Unten am See stand sein Freund Sebastian und wartete auf uns. Und im Gänsemarsch gingen wir einvernehmlich und mit vielen guten Gesprächen zur Porzehütte.

Mit Georg und Sebastian zur Porzehütte
Mit Georg und Sebastian zur Porzehütte. Der Regen hat wieder aufgehört und Georg ganz vorne läßt es sich nicht nehmen, die Regensachen der Kinder an seinen Rucksack zu schnallen.

Auch in der Porzehütte wurden wir erleichtert empfangen. Es ist ja so, dass man sich meist schon auf der ersten Hütte, in unserem Fall die Leckfeldalm, sieht und beäugt, und mit jeder weiteren Hütte hat man das Gefühl, den Abend mit alten Bekannten zu verbringen. Jeder hat ja das gleiche Ziel.

Und mit vier Kindern fällt man nun mal auf, und so wurden wir in der Porzehütte herzlich begrüßt.

Matratzenlager der Porzehütte
Das Matratzenlager der Porzehütte. Stell dir einen schmalen Gang vor und auf der anderen Seite des Raumes noch einmal fünf schmale Schlafstellen.

In der Porzehütte brauchte ich zum ersten Mal meine Ohrstöpsel. Das nette ältere Ehepaar, das uns auf der Pfannspitze fotografiert hatte, lag gegenüber von uns, ebenso ein jüngeres Pärchen und eine einzelne Frau. Das war ganz schön eng, und die beiden Herren schnarchten im Duett.

Dabei hatten wir noch Glück. Wir hatten das Zimmer am Ende des Ganges erwischt und eine Seite ganz für uns allein. Georg und Sebastian wurden im Durchgangszimmer davor einquartiert. Jedesmal, wenn einer nachts aufs Klo musste, musste er an den zehn Schlafenden im Durchgangszimmer vorbeilaufen.

Hier, auf der Porzehütte, beschlossen etliche von unseren Mitwanderen, ins Tal hinabzusteigen. Schlechtes Wetter war angesagt und es gab erregte Diskussionen. Konnte man es riskieren, die Königsetappe von der Porzehütte zum Hochweißsteinhaus über den Grat zu gehen? Königsetappe heißt sie deshalb, weil sie mit 8h reiner Wanderzeit die längste auf dem Karnischen Höhenweg ist.

Die Porzehütte am nächsten Morgen
Die Porzehütte am nächsten Morgen. Wir brechen auf zur Malga Antola.

Mich interessierte das nur am Rande. Mir war schon zu Hause klar gewesen, dass wir die Königsetappe auf keinen Fall gehen würden. Stattdessen würden wir die Strecke in zwei Abschnitte teilen und auf italienischer Seite auf der Malga Antola zwischenübernachten. Natürlich wäre auch für uns schönes Wetter besser, aber selbst wenn es regnen würde, waren wir uns einig, die Tour nicht abzubrechen.

Von der Porzehütte zur Malga Antola

Freitag, 24.08.2018. Das Wetter am nächsten Morgen war nicht schlecht. Für 11 Uhr war aber 100 % Regenwahrscheinlichkeit angesagt, von daher brachen wir sehr früh kurz nach sieben Uhr auf. Sebastian und Georg und noch einige wenige andere hatten beschlossen, die Königsetappe über die Gipfel zu wagen, sodass wir uns nicht mehr sehen würden. Wir waren die einzigen, die über den Berg auf die italienische Seite wandern würden, alle übrigen gingen ins Tal.

Als wir über das Tilliacher Joch drüber waren und auf italienischer Seite den Berg runterstiegen, stießen wir wieder auf etliche Kriegsruinen.

Kriegsruine karnischer Höhenweg
Fast in den Berg hineingebaut. Es fanden sich sogar alte metallene Stockbetten darin.
Kriegsruine Karnischer Höhenweg
Kriegsruine auf italienischer Seite. So sah es von außen aus.

 

Obwohl eigentlich die Zeit drängte wegen des Regens, konnten wir es nicht lassen, in den verlassenen Gebäuden herumzustöbern. Die alten heruntergekommenen Ruinen faszinierten die Kinder unglaublich. Schrecklich, hier mussten die Soldaten im Winter ausharren, sich beschießen lassen und andere beschießen. Für uns heute nicht mehr vorstellbar.

 

Gang in Kriegsruine
Ein superschmaler Gang. Kaum zu glauben, wie die Soldaten hier hausen mussten.
Toilette Kriegsruine
Und hier die Toilette. Nach über hundert Jahren nicht mehr so appetitlich.
Eine Waschrinne, gegenüber zwei Toiletten.
Eine Waschrinne, gegenüber zwei Toiletten.

 

Der Weg zur Malga Antola war zwar insgesamt ca. 17 km lang, führte aber den größten Teil über breite Schotterstraßen. Das war auch mal schön nach den Klettertouren der letzten beiden Tage. Man konnte die Aussicht genießen, sich unterhalten und es war nicht ganz so anstrengend. Für die Kinder gab es viele Kuhherden und Schafe mit Schäferhunden zu bestaunen.

 

Schafe auf dem Weg zur Malga Antola
Eine von vielen großen Schafherden. Oben auf unserer Höhe führt der Weg bequem ohne Steigung entlang.
Kühe auf dem Weg zur Malga Antola
Kühe gibt es auch fast überall.

Es wurde elf Uhr und vom angekündigten Regen war nichts zu sehen. Wir triumphierten und konnten sogar schön auf einer Bank in der Sonne unser Vesper verzehren.

Staudämme bauen Karnischer Höhenweg
Staudämme müssen auch gebaut werden.

Natürlich mussten unterwegs auch zahlreiche Staudämme angelegt werden. Für die Kinder war dieser Tag ohne große Anstrengung ziemlich wichtig, um ihre gute Laune nicht zu verlieren. Sicher wäre die Route über den Kamm landschaftlich eindrucksvoller gewesen – obwohl der Malghenweg auch wunderschön und beschaulich war – aber das kannst du immer noch alleine machen, ohne deine Kinder, die einfach andere Prioritäten setzen.

Aber dann zog der Himmel am Nachmittag doch noch zu.

Himmel zieht zu Malga Antola
Dunkle Wolken ziehen auf und wir unsere Regensachen an.

In Regenjacke und -hose marschierten wir durch den Wald. Jetzt regnete es richtig und über dem Berg rollte das Gewitter. Wir dachten an unsere Freunde auf dem Grat. Hoffentlich hatten sie eine Möglichkeit gefunden, sich unterzustellen oder abzusteigen.

Bei Regen durch den Wald zur Malga Antola
Bei Regen durch den Wald zur Malga Antola

Wir selbst wanderten noch eine gefühlte Ewigkeit im Regen und Matsch durch den Wald. Jetzt machte es nicht mehr so viel Spaß. Es stellte sich heraus, dass die angeblich wasserdichten Schuhe unserer Jüngsten doch nicht wasserdicht waren. So ein Mist. Wo war die Malga Antola?

 

 

Die Küche der Malga Antola. Unsere Regensachen trocknen am Eisenherd auf Stühlen.

Etwas versteckt lag diese Alm im Wald und wir waren da, ehe wir es uns versahen. Wir wurden herzlich willkommen geheißen und unsere nassen Sachen durften in der Küche auf Stühlen trocknen.

Wir waren die einzigen Gäste!

 

Malga Antola Kuhstall
Die Malga Antola liegt versteckt im Wald. Hier werden die Kühe in den Stall getrieben und der Regen hat aufgehört.
Abendessen Malga Antola
Unser Abendessen. Lecker!

Die Malga Antola ist noch eine recht ursprüngliche Alm. Hier wird Käse und Butter und dergleichen hergestellt und sie ist keine komfortable Alpenvereinshütte mit Gastwirtschaft und sonstigen Annehmlichkeiten. Dafür hat sie ihren alten Charme bewahrt. Wir fanden sowieso, dass es die schönste Unterkunft auf unserer Wanderung war!

Die Spüle im Freien. Bei Regen scheint es unnötig, Geschirr zu spülen.

 

Und das Abendessen, liebevoll von den zwei Sennen gekocht, schmeckte einfach himmlisch. Es gab Polenta, Berge von Kartoffeln, Käse ohne Ende und für jeden eine dicke Wurst. Die Kinder aßen, als gäbe es morgen nichts mehr.

Malga Antola Stockbetten
Unser Zimmer in der Malga Antola mit einfachen Metallstockbetten und Decken.

Durch den Regen hatte es merklich abgekühlt und die Räume waren außer der Küche mit ihrem altmodischen Feuerherd nicht beheizt. So war es ganz schön kalt nachts und die Kinder schliefen in ihren Fleecejacken, was ihnen aber überhaut nichts ausmachte. Der Regen rauschte die ganze Nacht über die Berge.

Von der Malga Antola zum Hochweißsteinhaus

Ciao Malga Antola
Ciao Malga Antola

Samstag, 25.08.2018. Diese Wegetappe war „nur“ mit 3.30 Stunden Gehzeit angesetzt und ging über 9,1 km. Entsprechend ließen wir uns Zeit mit dem Aufbruch.

Nebel hing in der Luft und man hatte das Gefühl, kleine Wassertröpfchen zu atmen. Aber immerhin regnete es nicht. Unterwegs begegneten uns erneut viele Tiere. Die Schafe waren kurzgeschoren und taten uns ganz schön leid, denn die Temperatur war eisig geworden im Vergleich zu den sonnigen Tagen vorher. Beim Gehen merkte man es allerdings nicht.

Auf dem Weg zum Hochalpljoch.
Auf dem Weg zum Hochalpljoch.
Schwarzer Salamander
Sieht der nicht aus, als wäre er aus Plastik?

Der Weg führte eine Schlucht nach oben in Richtung Hochalpljoch und war teilweise ziemlich zugewachsen. Wir ließen uns Zeit, da unsere heutige Tagesetappe wirklich nicht lang war. Der Nebel verzog sich auch allmählich und ab und zu ließ sich auch die Sonne blicken.

 

Oben auf dem Hochalpljoch war es erst Mittag und da wir nur noch eine halbe Stunde zu gehen hatten, zogen wir alles an, was wir hatten, um nicht zu frieren und machten eine gemütliche Pause. Und da zeigte sich mal wieder, wie viel Energie Kinder doch haben. Ich lag erschlagen auf dem Felsen und sie sprangen in der Gegend herum.

 

Pause Hochalpljoch zusammen
Erst genießen wir die Pause auf dem Hochalpljoch zusammen. Doch dann …

 

Pause auf dem Hochalpljoch
… lassen die Kinder mich allein. Siehst du sie auf dem weißen mittleren Felsen?

Es war schön hier oben. Kein Mensch außer uns war unterwegs, die Murmeltiere spielten vor ihren Höhlen und hinter uns auf der österreichischen Seite versuchten die Wolken, den Berg hochzuklettern. Es gelang ihnen aber nicht, die Grenze nach Italien zu überqueren …

Schließlich mussten wir aber doch mal loslaufen. Und prompt gerieten wir beim Abstieg auf der österreichischen Seite in eine dicke fette Wolke, die nicht mehr aufhören wollte. Wir hörten Murmeltiere pfeifen und wanderten durch die gespenstische Stille.

Nebel auf dem Abstieg zur Hochweißsteinhütte
Nebel auf dem Abstieg zur Hochweißsteinhütte
Wegweiser Hochweißsteinhaus
Wir sind auf dem richtigen Weg. Hier geht es zum Hochweißsteinhaus.

Nach einiger Zeit verzog sich die dicke Wolke, aber es blieb auf der österreichischen Seite doch regnerisch und kühl.

Mädchen pflückt Heidelbeeren.
Da oben wachsen bestimmt noch größere und süßere Heidelbeeren.

Trotzdem war unsere Stimmung super. Überall wuchsen Heidelbeeren und alle vier, räusper, fünf Naschkatzen bedienten sich fleißig.

Heidelbeeren am Karnischen Höhenweg
Diese leckeren Heidelbeeren!

 

Obwohl das Hochweißsteinhaus bald in Sicht war, hatten wir es nicht eilig.

Da das Wetter eher schlecht war, waren wir, eine andere Familie mit zwei älteren Kindern und zwei sehr nette Frauen, die wir schon auf der Obstanserseehütte getroffen hatten, die einzigen Gäste.

Wunderbar, so hatten wir den großen Schlafraum fast für uns alleine und mussten ihn nur mit den beiden Frauen teilen. Auf manchen Hütten gibt es die Möglichkeit, sich ein Zimmer für sich alleine zu mieten. Vielleicht hatte dies die Familie so gemacht.

Das Hochweißsteinhaus.
Das Hochweißsteinhaus. Das letzte Mal, dass wir es mit grüner Wiese davor sahen.

 

 

 

Am nächsten Morgen erwartete uns allerdings eine riesige Überraschung …

 

Vom Hochweißsteinhaus leider nicht zur Wolayerseehütte, sondern nach St. Lorenzen im Lesachtal

Kühe im Schnee vor dem Hochweißsteinhaus
Der Blick um sechs Uhr morgens aus dem Fenster des Hochweißsteinhauses. Die Kühe sind alle gekommen und stehen im Schnee.
Wegweiser Wolayersee
Dort wollten wir heute hinwandern.

Unglaublich! Der Winter war ausgebrochen, mitten im August. Ich konnte es nicht glauben und war ganz schockiert. Was bedeutete das nun für uns? Dass wir die Tour ganz abbrechen mussten, wollte in diesem Moment nicht in meinen Kopf hinein. Bestimmt würde bald die Sonne hervorkommen und diesen elenden Schnee schmelzen … gegen Mittag wäre er weg und wir könnten aufbrechen … unser letzter Wandertag, es war nicht zu fassen!!! Könnten wir eventuell trotz Schnee weiter …

Es waren total dumme Gedanken, die ich da hatte. Natürlich war nicht mal daran zu denken, weiterzugehen. In diesem Schnee waren die Wege überhaupt nicht zu erkennen und noch höher ins Gebirge reinzusteigen, wäre nackter Wahnsinn gewesen.

Die Gaststube des Hochweißsteinhauses mit Frühstücksbuffet.
Die Gaststube des Hochweißsteinhauses mit Frühstücksbuffet. Wir vertreiben uns die Zeit mit Mensch-ärgere-dich-nicht, zum 1000sten Mal Kakerlakenpoker und allerhand anderen Spielen.

Ein Gespräch mit der Hüttenwirtin brachte dann Klarheit. Bis gegen Mittag war sowieso keine Wetterbesserung zu erwarten und selbst dann nur zögerlich. Ach herrje.

Dabei betonte der Hüttenwirt, dass das überhaupt nichts Besonderes sei. Schnee Ende August käme öfter vor, im September sowieso. Ach so. Na dann. Okay, ich hatte davon auch schon gehört, zugebenermaßen, aber dass es uns gleich so doll trifft … es hätte ja auch einfach eine leichte Überzuckerung sein können. Du siehst, es hat mich ganz schön geärgert, dass unsere Pläne so mir nichts, dir nichts einfach über den Haufen geschmissen wurden. Und wir wurden nicht gefragt und konnten nichts machen. So was mag ich nicht. Ich bin zwar flexibel, aber aufgeben – das kommt nur in allergrößten Notfällen vor. Und dass dies so einer sein soll, fiel mir schwer zu akzeptieren.

Die Familie mit den zwei Kindern beschloss, ins Tal abzusteigen, mit dem Bus Richtung Sillian zu fahren und dann den Berg am anderen Tag wieder zu besteigen. Die beiden Frauen hielten es ganz gemütlich, die eine blieb gleich im Bett und die andere spielte mit den Kindern unermüdlich Kakerlakenpoker (ich kann es nicht mehr sehen!!!), Mikado, Wackelturm und was weiß ich noch alles. Später kam die andere und wir erweiterten die Spielregeln großzügig. So musste jeder ein Lied singen, während er versuchte, den Turm höher zu bauen …

Schnee im August
Den Kindern gefällt’s. Wann hat man schließlich heutzutage schon Schnee, insbesondere im August?
Hochweißsteinhaus im Schnee
Ich kann dir gar nicht genug Schneebilder zeigen, so fasziniert/schockiert war ich.

Wir haben viel gelacht und das Beste daraus gemacht. Die beiden Frauen wollten bis zum nächsten Tag bleiben und dann weiterwandern. Das kam für uns nicht in Frage, denn mein Mann wollte uns morgen eigentlich am Plöckenpass abholen und wir dann weiter in ein paar Tage gemeinsamen Urlaub fahren.

 

Was also tun? Schließlich rief ich meinen Mann an, ob er uns schon heute abholen könnte. Der Arme fiel fast in Ohnmacht, packte aber tapfer in Windeseile und fuhr los.

Wir hingegen vertrödelten die Zeit bis Mittag, was mir unglaublich schwer fiel. Ich wollte raus hier, etwas tun! Schließlich um zwölf Uhr, als das Wetter sich mal wieder nicht an seinen Zeitplan hielt und beharrlich schlecht blieb, trommelte ich alle Kinder zusammen und wir gingen trotzdem los.

Weg durch den Schnee ins Tal
Die Kühe haben den Weg ins Tal schon mal vorgetrampelt.

Es stellte sich heraus, dass wir noch Glück im Unglück gehabt hatten, denn wenn die Hirten ihre Kühe nicht ins Tal getrieben hätten, hätten wir nicht einmal den Weg nach unten gefunden.

Allerdings verloren wir trotz allem die Spur, denn die blieb gleich nach der ersten Biegung keinesfalls so deutlich wie auf dem Foto. Unglaublich. Schließlich stiefelten wir quer durch die nicht sichtbaren Heidelbeerbüsche über Felsen und Löcher in die Richtung, wo wir den Weg vermuteten. Zum Glück war das Gelände nicht gefährlich, sonst hätte es schlecht für uns ausgesehen.

Karnischer Höhenweg Abstieg ins Tal
Ca. 200 Höhenmeter tiefer war der Schnee schon fast weg

So schlitterten wir durch Schnee, Schneematsch und Matsch den Berg hinunter. Dann wurde der Weg breiter, der Schnee weniger und schließlich wurde es ganz grün. Nach einer ca. dreistündigen Wanderung, unterbrochen von einer großzügigen Pause, erreichten wir so ca. 16.30 Uhr St. Lorenzen im Lesachtal, wo uns mein Mann keine Dreiviertelstunde später abholte.

Tja, und das war dann das Ende unserer Wanderung. Besonders meiner ältesten Tochter tat es um die Wolayerseehütte leid, die wir nun nicht besuchen konnten, obwohl sie die schönste auf der ganzen Tour sein soll. Ein Wintereinbruch scheint allerdings nicht als höhere Gewalt zu gelten, denn wir mussten die volle Höhe des Buchungsbetrages zahlen. Pah, wir hätten uns eben doch durch den Schnee kämpfen sollen!

Aber andererseits hatten wir nur einen Tag verloren, was natürlich zwar schade war, aber wir haben in dieser kurzen Zeit eine Menge erlebt. Im August durch den Schnee zu stapfen, ist schließlich auch eine Erfahrung.

An der Bushaltestelle in St. Lorenzen im Lesachtal.
An der Bushaltestelle in St. Lorenzen im Lesachtal. Hier ist alles wieder grün.

Fazit

Wenn ich so im Nachhinein über diese sechs Tage sinniere, so kommt mir vor allem Folgendes in den Sinn:

Das Wandern unter netten, naturbegeisterten Menschen macht ungeheuer Spaß. Wer auf dem Berg wandert, auf einen gewissen Komfort verzichtet und sich etwas zumutet, scheint gewissermaßen gleichgesinnt zu sein. Wir haben so tolle Menschen kennengelernt! Es gab viele nette Gespräche, auf der Malga Antola versuchten wir auch, uns in italienisch zu verständigen, da der alte Senne kaum ein Wort Deutsch konnte.

Diese Begegnung mit Menschen, die sich umeinander kümmern und sich solidarisieren, hat etwas bewirkt bei den Kindern. Vor allem die Begegnung mit Georg und Sebastian hat die Kinder schwer beeindruckt und ich bin überzeugt davon, dass sie viel gelernt haben in diesen wenigen Tagen.

Solidarität unter Geschwistern. Man hilft sich gegenseitig.
Solidarität unter Geschwistern. Man hilft sich gegenseitig.

Auch wir als Familie sind zusammengewachsen (nur schade, dass der Papa fehlte)  und mein Sohn sagte einmal so schön, wie toll es wäre, dass diese Wanderung den Zusammenhalt unter den Geschwistern stärken würde.

Es ist unglaublich, wie viele tolle Ideen auf Wanderungen entstehen, was für Pläne sich die Kinder für die Zeit nach den Ferien ausmalen und besprechen und wie viele gute Gespräche wir fünf untereinander hatten. Zu Hause, wo uns der Alltag im Griff hat, findet das kaum statt.

Statistik

Gewicht

Aus der Erfahrung unserer letzten Reise in England heraus reduzierte ich das Gewicht unserer Rucksäcke so weit es nur ging. Nie wieder wollte ich so schwer schleppen wie damals in England! Von daher trugen die zwei Jüngsten nur ca. 3 kg, mein Sohn ca. 4-5 kg, meine älteste Tochter höchstens 5-6 kg und ich 7-9 kg. Ganz genau kann ich es nicht sagen, da wir jeden Tag mehr von unseren Vorräten aufaßen und sich daher das Gewicht immer leicht verringerte. Eigentlich trugen wir nur das Nötigste an Kleidern, die Regensachen, das Essen und die Wasserflaschen.

Kosten

Was die Kosten angeht, war dies eine teurere Reise im Vergleich zu England. Wenn man jeden Abend und jeden Morgen auf der Hütte essen muss, spart das erfreulicherweise Gewicht, geht aber natürlich ins Geld. Würde man nur zu zweit reisen, etwa als Ehepaar, wie es viele taten, würden sich die Kosten in Grenzen halten, aber ich musste immer für fünf Personen zahlen, wenn auch meist Kinderpreise. Dies musst du bedenken, wenn ich jetzt die Kosten aufschlüssele.

  • Kosten Anreise mit der Deutschen Bahn: 39,90 € Sparticket. Ja, das war eigentlich günstig. Aber wir hatten sowieso keine Alternative, nach Sillian fuhr nunmal kein ICE 🙂
  • Kosten Leckfeldalm: 170 € + 4 € Trinkgeld inklusive Hüttentaxi von Sillian zur Leckfeldalm (!0 € pro Person, für uns nur 40 € 🙂 wegen der Kinder)
  • Kosten Obstanserseehütte: 67,80 €  + 51 € Anzahlung schon von zuhause aus. Das Matratzenlager kostete 12 € pro Erwachsenem und die Kinder je 6 €, da kann man nicht meckern. Allerdings muss man Alpenvereinsmitglied sein. Der Rest sind die Mahlzeiten.
  • Kosten Porzehütte: 116,70 €. Das Matratzenlager war wieder 36 € und der Rest die Mahlzeiten. Zusätzlich kaufte ich zwei Duschmarken zu insgesamt 6 €. Ich glaube, es waren zwei oder drei Minuten Duschzeit – also nur ein paar Sekunden für jeden 🙂
  • Kosten Malga Antola: 110 € + 5 € Trinkgeld.
  • Kosten Hochweißsteinhaus: 117,40 € + 6 € Duschmarken + 2 € Handyaufladen + 2 € Telefon. Die Anzahlung von 50 €, die ich von zuhause geleistet habe, bekam ich zu meiner Verblüffung gleich bei der Ankunft in bar auf die Hand geblättert.
  • Kosten Wolayerseehütte: 36 €. Obwohl es uns unmöglich war, dorthinzugelangen, mussten wir die Wolayerseehütte bezahlen. Sie verlangten eine Kreditkartennummer als Sicherheit wegen Stornierung. Da wir am gleichen Tag stornieren mussten, an dem wir angekommen wären, zahlte ich die volle Höhe des Buchungsbetrages. Tja, ob das gerecht ist, muss sich jeder selbst überlegen.

Zusätzliche Kosten: Mitgliedschaft Österreichischer Alpenverein Familienbeitrag 118 €.

An Ausrüstung angeschafft, aber nicht in die Reisekosten einbezogen, hatte ich eigentlich nur die bewährten Merino-Pullover für die beiden Jüngsten. Meine Trekkinghose und die meiner ältesten Tochter (sie war aus der von letztem Jahr herausgewachsen) kaufte ich bei Ebay, was der Rede nicht wert ist. Die Schuhe rechne ich auch nicht, da sie sie auch zuhause anziehen.

Insgesamt bezahlt habe ich also für die sechs Tage 845,80 €. Die Kosten für die Rückfahrt entfallen, da uns mein Mann abgeholt hat. Natürlich hat er Benzin verbraucht, aber das berechne ich nicht ein.

Bei den Mahlzeiten auf den Hütten haben wir geschaut, dass wir nicht gerade die teuersten Gerichte bestellen. Es gab Alpenvereinsmahlzeiten, die reichlich und gut waren. Manche Leute allerdings haben es sich richtig gutgehen lassen auf der Hütte! Es sei ihnen gegönnt. Überhaupt muss man sagen, dass das Essen hervorragend war und wir es wirklich honorieren, dass man auf über 2000 m so komfortabel speisen und nächtigen kann. Dafür gesehen haben wir eigentlich recht wenig ausgegeben.

Was könnte man verbessern?

Sehr geärgert haben mich die Schuhe meiner jüngsten Tochter. Es waren neue Markenschuhe (Iowa) und angeblich wasserdicht. Zuhause hatte ich sie zweimal imprägniert wie alle unsere Schuhe. Trotzdem waren sie beim ersten Regen durch und hingen das erste Mal auf der Malga Antola am Küchenherd zum Trocknen. Der Schnee beim Hochweißsteinhaus gab ihnen den Rest und die Arme musste mit klatschnassen Füßen ins Tal laufen. Wer rechnet denn damit, dass neue, wasserdichte Schuhe nicht wasserdicht sind?

Die Regenjacken waren dieses Mal dicht, hurra. Meine älteste Tochter rannte mit einem Fahrradumhang herum, was gar nicht so schlecht war. Sie schwitzte nicht so sehr wie wir in der Plastikverschalung. Nur für windige Gegenden würde ich es vielleicht nicht empfehlen.

Mit dem Handy hatte ich wieder Pech. Obwohl ich einen Ersatzakku und eine Powerbank dabei hatte, machte es schlapp. Irgendwas war nicht in Ordnung. Gut, dass ich mein altes dabei hatte, eigentlich wegen der Zugfahrt und der Hörspiele der Kinder. So sind einige Fotos vielleicht nicht von der Qualität, die ich gerne gehabt hätte. Aber besser schlechte als gar keine Fotos.

Auf jeden Fall sehr zufrieden war ich mit dem Gewicht der Rucksäcke. Das Wandern macht einfach mehr Spaß, wenn man nicht so viel zu tragen hat.

Vergleich South West Coast Path zum Karnischen Höhenweg

Also natürlich kann man die beiden Reisen nur schwer vergleichen. Die eine ging drei Wochen lang mit Rucksack und Zelt, die andere nur sechs Tage und mit dem Komfort der Hütten. Trotzdem möchte ich ein kleines Resümee ziehen.

Was meinen zwei Großen besser gefallen hat, war die Unabhängigkeit in England. Wir konnten entscheiden, wie weit wir laufen, ob und auf welchem Campingplatz wir zelten und was wir zum Essen einkaufen. Das ging natürlich auf dem Karnischen Höhenweg nicht. Die Hütten waren gebucht und das Essen musste von der Karte ausgesucht werden. Zudem war die Auswahl natürlich so hoch in den Bergen begrenzt.

Die Wanderung in den Bergen war wesentlich anstrengender. Das muss auch ich zugeben. Obwohl ich gehofft hatte, dass sich die Steigungen in Grenzen halten würden, war dem nicht ganz so. Es ging viel hoch und runter. Und an was ich auch nicht gedacht hatte: Die Wegbeschaffenheit in den Bergen ist ganz anders. Es kostet unheimlich Kraft, über Geröll und lockere Steine bergab oder bergauf zu gehen oder das eigene Körpergewicht auf unebenem Boden auszubalancieren. Auch wenn die Wegetappen am Meer viel länger waren, waren die Wege einfacher zu gehen.

Die Landschaft war auf beiden Wanderungen grandios. Aber das Panorama in den Bergen und die Ruhe auf den Gipfeln findest du am Meer doch nicht überall. In England gab es manchmal recht blöde Wegabschnitte. Das war auf dem Karnischen Höhenweg nicht so, da war jede Ecke unglaublich toll.

Die Länge der Wanderungen war für beide Wege angemessen. Also drei Wochen wandern in den Bergen könnte ich mir jetzt nicht vorstellen, das wäre schon reichlich anstrengend. Aber die eine Woche war super.

Mehr Informationen zum Karnischen Höhenweg

Ich habe diesen Wanderführer benutzt, wie so ziemlich jeder auf dem Weg. Bestelle ihn am besten bei deinem lokalen Buchhändler.

Hier und hier findest du noch mehr Informationen.

Und einen tollen Bericht von einer Blogger-Familie, die den Karnischen Höhenweg ebenfalls mit ihren Kindern gewandert ist, findest du hier. Irgendwie gleichen sich unsere Fotos 🙂

Bist du schon einmal auf dem Karnischen Höhenweg gewandert? Wie sind deine Erfahrungen mit Hüttentouren? Hast du deine Kinder mitgenommen? Sebastian und Georg haben ihre zu Hause gelassen! Ich würde mich freuen, wenn du deine Erfahrungen mit mir teilst.